Bezeichnet man jemanden als Draufgänger, hat man in der Regel mit Extremsportlern, Stuntdarstellern oder verrückten Typen wie dem Cast der Jackass Truppe, die Anfang der 2000er für Furore gesorgt haben, zu tun. Nur die wenigsten würden bei diesem Begriff an eine querschnittsgelähmte Person im Rollstuhl denken. Doch Urban Oberthanners Leben liest sich in allen Kapiteln so wie das eines Draufgängers. Er lässt sich von seinen vielen Rückschlägen nicht abbringen, das Leben in vollen Zügen zu genießen. So war es kein Wunder, dass Urban kaum einen Moment gezögert hat, als er gefragt wurde, ob er sich für das Projekt an einen Heißluftballon hängen lassen möchte. Auf diese Art und Weise soll das beeindruckende Hauptwerk von Thomas Griesbeck zeigen, dass Urban sowohl auf beiden Beinen als auch sitzend im Rollstuhl immer ein Draufgänger war und dies geblieben ist. Erst auf den zweiten Blick erkennt man eine Behinderung. Wir rücken die wahre Menschlichkeit in den Vordergrund, fernab von den alltäglichen, oft einschränkenden Vorurteilen im Alltag.
Urban Oberthanner
Ein Draufgänger, ein Rock´n Roller.
Making of Inhalte
Für die Umsetzung dieses Werkes waren die Organisation eines Ballons und eines entsprechenden Teams sowie eines Seiltechnikers notwendig. Um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden und die bestmögliche Qualität zu erreichen, wurde von Anfang an beschlossen, auf eine Drohnenaufnahme zu verzichten.
Stattdessen wurde ein Kleinflugzeug mit Pilot engagiert, um den Fotografen Thomas Griesbeck auf die Höhe des Ballons zu bringen. Während dieser Vorbereitungen waren zusätzlich zu den Hauptakteuren zwei Filmteams, darunter eines von ServusTV, zwei Making Of Fotografen sowie einige weitere helfende Hände involviert. Insgesamt arbeiteten 17 Personen mit vollem Einsatz an der Produktion.
Während sich das Team um den Fotografen Thomas Griesbeck im Flugzeug frühmorgens in die Luft begab, wurde Urban Oberthanner von einem erfahrenen Seiltechniker sicher am Heißluftballon befestigt. Eine derartige Produktion wurde bisher nie umgesetzt. Sich dessen bewusst seiend, zeigte das Team die gewohnte Professionalität. So wurde das Shooting beispielsweise kurzfristig um einen Tag verschoben, da die Windbedingungen nicht zu 100% perfekt waren.
Das Hauptwerk
Wie schafft man es, einen Rollstuhl fahrenden Draufgänger spektakulär abzubilden? Diese Frage stellte sich das Team hinter dem Projekt. Die ausgeflippte Idee, Urban und seine Tuba auf einer fliegenden Rakete zu fotografieren, wurde aus offensichtlichen Gründen frühzeitig verworfen. Jedoch war somit die Idee geboren, Urban in die Luft zu bringen, um die eingangs gestellte Frage zu beantworten.
Somit ist ein noch nie gesehenes Werk entstanden, welches die Botschaft von Auf den zweiten Blick eindrucksvoll transportiert.
Der Aufrechte.
Auf seiner Facebook-Seite findet man ein Video, auf dem er einen Autofahrer, der sich beim Stau nach vorne gedrängt hat, so richtig zur Rechenschaft zieht. Mit Schimpfwörtern spart er dabei nicht. Politisch ist das wahrscheinlich nicht ganz korrekt. Menschlich aber sehr. Und es menschelt einfach, wenn Urban Oberthanner spricht. Er wirkt wie der grade Lackl von nebenan, mit dem man sich gern auf ein Bier im Garten trifft. Oder auch auf mehrere. Denn sich mit ihm zu unterhalten ist nicht nur fesselnd, sondern macht auch Spaß. In seinem Humor schwingt immer etwas Selbstironie mit. Und sehr viel Lebenserfahrung. Ihm etwas vorzumachen, wäre schwierig. Er hat diesen gewissen Röntgenblick, der sein Gegenüber und die Welt durchschaut.
Kann sein, dass sein Beruf ihm das beigebracht hat. Kann aber auch sein, dass er deswegen seinen Beruf gewählt hat. Er ist Radiologietechnologe und bringt deshalb zwangsläufig viel zum Vorschein, das man nicht gerne sieht. Das verlangt ganz schön viel ab. Nicht nur für den, der die Bilder erhält, sondern auch für den, der sie macht. Da hilft es wahrscheinlich sehr, wenn man selbst schon genug Momente im Leben erlebt hat, die einem Bruch glichen. Einem Bruch mit dem, was Minuten vorher noch ganz anders war. Zum Beispiel wenn man nach einem nächtlichen Rodelunfall auf der Intensivstation wieder aufwacht. Oder wenn man nach einem Kartunfall wiederum auf der Intensivstation aufwacht. Dieses Mal mit einer Niere weniger. Oder wenn man nach einem Herzinfarkt erneut auf der Intensivstation aufwacht.
All das fühlt sich ein wenig nach einem Hardcore-Lebensparcours an. Das brüht ab. Härtet ab. Verhärtet aber nicht unbedingt. Bitter wirkt Urban Oberthanner nämlich ganz und gar nicht. Eher verschmitzt. Aber auch sehr verständnisvoll. „Das Schöne an meinem Beruf ist, dass ich den Menschen in einem solch schwierigen Moment die Hand reichen und ihnen damit ein wenig die Angst nehmen kann.“ Und weil Urban so gerade und aufrecht wirkt, ist das sehr vertrauenseinflößend. Man spürt sofort, dass man sich auf ihn verlassen kann.
Seine Freundschaft und Liebe muss man sich aber sicher verdienen. Er ist Steinbock im Sternzeichen. Also ein bisschen bockig schon auch. Aber hat man sich diese Freundschaft erarbeitet, dann ist sie wohl in Stein gemeißelt. „Für Freundschaft muss man etwas tun. Dafür muss man sich nicht ständig sehen, aber sich doch regelmäßig melden.“ Eigenverantwortung scheint überhaupt das Schlüsselwort für Urban Oberthanners Lebenseinstellung zu sein. Man ist, was man tut. Und hat man erst einmal diese Einstellung, dann kann man auch am Montag wieder in die Arbeit gehen, wenn man am Freitag nach Wochen im Tiefschlaf und Monaten in der Klinik und Rehabilitation wieder nach Hause gekommen ist.
Auch wenn man an diesem Tag nicht mehr zu Fuß dorthin geht. Sondern mit dem Rollstuhl fährt.