Was sind wohl die ersten Gedanken, die durch den Kopf der Vier- bis Fünfjährigen laufen, wenn Christoph Bischlager zum ersten Mal den Raum ihrer Kindergruppe betritt? Was sagen sie als Erstes? Oder sind sie gar sprachlos?
Denn vor ihnen stehen 113 Kilogramm und ein Brustumfang von 120 Zentimetern. Ein Hüne. Ein Riese. Oder Herkules, jener griechische Gott, der für seine Stärke bekannt war und das Bogenschießen, den Faustkampf und das Ringen genauso beherrschte wie das Wagenlenken und das Fechten. Und es wird nicht lange dauern und sie werden erfahren, dass auch vor ihnen ein Meister der Wettkämpfe steht. Einer, der schon mehr Titel gewonnen hat, als einige von ihnen zu zählen imstande sind. Und das in vielen und völlig unterschiedlichen Sportarten. Im Tischtennis etwa oder im Basketball, im Zehn- oder Siebenkampf, im Diskuswerfen oder Kugelstoßen.
Christoph Bischlager ist 159-facher Deutscher Meister. Ein Weltmeister. Ein Europameister. Einer, der viermal bei Olympischen Spielen dabei war und einmal auch mit einem dritten Platz auf dem Siegespodest stand. Mit 22 Jahren bekam er das silberne Lorbeerblatt überreicht. Und dafür – und auch das werden die Kleinen irgendwann vielleicht erzählt bekommen – muss man zu den Besten gehören. Und das nicht nur im Sport. Denn wer diese höchste sportliche Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland erhält, hat sie nicht nur aufgrund körperlicher Leistungen, sondern auch wegen spürbarer menschlicher und charakterlicher Größe verdient.
Was macht Christoph Bischlagers Größe aus? Sein Ehrgeiz wahrscheinlich und seine Geduld. Seine Ausdauer. Seine Konsequenz und seine Bereitschaft, für seine Ziele alles zu geben und dabei doch immer fair zu bleiben. Auch am Boden zu bleiben. Das zu schätzen, was für ihn noch viel wichtiger ist als Erfolg, Titel und Anerkennung. „Die Familie, meine Freundin Lisa, meine kleine Tochter Rosalie, meine Freunde. Und natürlich Wohlbefinden und Gesundheit.“ Und wohl auch diese kleinen und großen Menschen, die er als staatlich geprüfter Sportlehrer betreut und trainiert. Mit sehr viel Ruhe übrigens. Denn laut wird Christoph Bischlager nur höchst selten.
Was kein Wunder ist. Christoph Bischlager ist gehörlos. Und spricht lieber mit seinen Händen. Seinem Körper. Und wahrscheinlich wohl auch sehr viel mit seinem Herzen.